Liebe Unterstützer und Unterstützerinnen des Kinder- und Waisenheims Tosamaganga,
es folgt ein sehr ausführlicher Text über die Zukunft der Aktion und es würde mir viel bedeuten, wenn ihr euch die Zeit nehmt, ihn zu lesen.
In den letzten Monaten habe ich mir viele Gedanken über die Zukunft der Aktion Milchpulver für Tosamaganga und das Fortbestehen der Unterstützung für das Heim gemacht. Nachdem ich 2013 zum ersten Mal in das Kinder- und Waisenheim Tosamaganga gekommen bin, hatten die Kinder mein Herz im Sturm erobert. Nach den 10 Monaten, die ich mit ihnen leben und arbeiten durfte, konnte ich mir ein Leben ohne sie kaum vorstellen und es ist mir tatsächlich sehr schwer gefallen, in Deutschland wieder Fuß zu fassen und in den normalen Alltag zurückzukehren. Die Zeit hat mich bis heute geprägt, mich erkennen lassen, was wichtig ist und was nicht, mich zu einem besseren Menschen mit Überzeugungen und Werten gemacht, für die ich einstehen und aufstehen kann und mich davon überzeugt, dass man die Welt zu einem besseren Ort machen kann, wenn man sich gemeinsam für die Dinge einsetzt, die einem etwas bedeuten. Seitdem ich 2015 zum ersten Mal die Aktion ins Leben gerufen und zum Spenden aufgerufen habe, hatte ich die Möglichkeit jedes Jahr wieder für wahnsinnig viel Geld Milchpulver und andere notwendige Dinge für das Heim zu kaufen. Die Summe, die ich für das Heim eingenommen habe, hat bis heute alles überstiegen, womit ich je gerechnet hatte. Insgesamt konnte ich über die Jahre hinweg um die 35 000 Euro in Anschaffungen für das Heim investieren, wobei der Kalenderverkauf noch nicht miteingerechnet ist. Dass die Aktion mal so ein Ausmaß annehmen wird, konnte ich 2015 nicht ahnen. Ich bin unendlich dankbar für die langjährige Unterstützung. Mit meiner persönlichen sozialen Entwicklung, hat sich auch der Kreis der Spender und Spenderinnen entwickelt. Einige SpenderInnen sind über die Jahre hinweg weggefallen, viele weitere hinzugekommen. Ein treuer Kreis UnterstützerInnen ist über all die Jahre hinweg an meiner Seite geblieben. Hier möchte ich mich besonders bei meiner Mama, Timo und Jana und der restlichen Familie (immer an erster Stelle), meinen Freunden und Freundinnen (die mich auch in Zeiten unterstützt haben, in denen ich mich sehr zurückgezogen hatte und nicht viel zur Pflege meiner Freundschaften beigetragen habe), meinen Mitfreiwilligen der Caritas aus dem Jahrgang 2013/2014 (niemand, der mich besser versteht und auf die ich mich das ganze Jahr bis und ab Pfingsten freue) und diversen kirchlichen Organisationen wie der Kirchengemeinde Niederwald und der Kolpingsfamilie Brachbach (und natürlich allen anderen) bedanken. Zusätzlich sämtlichen Angehörigen und FreundInnen der Menschen der aufgezählten Gruppen und allen, die mir über die Jahre hinweg treu geblieben sind und sich noch keiner der erwähnten Gruppen zugehörig fühlt (einige SpenderInnen kenne ich nicht persönlich). Ohne euch wären die Aktionen nie möglich gewesen. Die Schwestern und Kinder im Heim sind euch unendlich dankbar. Ich habe ihren Dank, ihre Freude und ihre Liebe immer entgegengenommen, gebühren tut er aber euch. Ich habe mich immer nur als Bindeglied zwischen dem Heim und den UnterstützerInnen hier in Deutschland gesehen und weiß, dass ich das Heim alleine niemals in dieser Form hätte unterstützen können. Wie ihr aus meinen Zeilen herauslesen könnt, stehen Veränderungen an. Im Jahr 2019 und voraussichtlich auch noch 2020 werde ich keine weitere Aktion durchführen können. Als ich die Aktion 2015 zum ersten Mal durchgeführt habe, hatte ich gerade angefangen zu studieren, war zeitlich ungebunden und flexibel und habe nicht damit gerechnet, mit welchen Summen ich in den folgenden Jahren „handeln“ würde. Mittlerweile stehe ich kurz vor dem Abschluss meines Studiums (ein paar gedrückte Daumen können nicht schaden) und im Zuge dessen startet auch in absehbarer Zeit mein Referendariat. Meine Examensprüfungen werden bis November gehen, mein Referendariat im Mai 2020 starten. Das halbe Jahr dazwischen sind die letzten 6 Monate, in denen ich nicht an feste Ferienzeiten gebunden bin und noch frei vom „Ernst des Lebens“. Diese Zeit möchte ich nutzen, um auch den Rest der Welt noch ein bisschen zu erkunden. Ich bin mir sicher Tansania und das Heim sind einer der schönsten Fleckchen, die die Erde zu bieten hat und doch bin ich neugierig, was da noch ist. Der Gedanke daran die Kinder und Menschen, die zu meiner Familie geworden sind für eine lange Zeit nicht mehr zu sehen, bricht mir das Herz und ich musste lange darüber nachdenken, ob mein Gewissen es aushalten würde. Nach intensivem Austausch mit vielen Menschen über die Aktion, musste ich aber auch erkennen, dass ich ihr Ausmaß als Privatperson ohne Verein oder Organisation nicht mehr tragen kann. Die Summen, die ich auf ein privates Konto einnehme und wieder ausgebe, haben bereits einige Aufmerksamkeit bei entsprechenden Stellen erregt. Bisher war es kein Problem zu erklären, wofür das Geld ist. Mit wachsenden Geldbeträgen und auch den Einnahmen durch Kalenderverkäufe steigt aber das Risiko, irgendwann genauer Rechenschaft ablegen zu müssen. Da es mir zeitlich momentan unmöglich ist, einen offiziellen Verein oder eine Organisation zu gründen, muss ich einsehen, dass ich die organisatorischen und rechtlichen Grenzen des Spendensammelns erreicht habe. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich das Geld immer direkt ohne Zwischenstation für das Kinderheim ausgeben konnte und somit die Spenden zu 100 % dort angekommen sind, wo sie sollten und doch muss hier auch erwähnt werden, dass es immer ein enormer Aufwand war und ich auch auf viele bürokratische Hürden in Deutschland und Tansania gestoßen bin. Weiterhin haben wir die letzten Jahre stets das Milchpulver von Nestlé gekauft. Nestlé ist in vielerlei Hinsicht ein Unternehmen, das man nicht unterstützen sollte, wenn es eine andere Möglichkeit gibt. Wer einen Überblick haben möchte, warum das so ist, dem kann ich diesen Artikel ans Herz legen: https://orange.handelsblatt.com/artikel/40262
Der Umstieg auf eine andere Marke müsste erst mit der Leitung des Heims ausdiskutiert werden (politische Diskussionen mit Menschen, die kaum Zugang zu informativen Medien haben und das auf Kiswahili übersteigt meine Kompetenzen), es müsste ausprobiert werden, welches Milchpulver die Kinder am besten vertragen und es müsste die Verfügbarkeit großer Mengen dieses Pulvers gewährleistet sein. Das Zusammenspiel all dieser Faktoren bringt mich nun in die Situation euch mitteilen zu müssen, dass ich leider keine weiteren Spenden für das Heim annehmen kann. Ich bin so unendlich dankbar für alles, was wir bisher gemeinsam erreichen konnten und es fällt mir so schwer zu erklären, warum ich die Entscheidung getroffen habe. Mein schlechtes Gewissen plagt mich, ich habe das Gefühl euch als UnterstützerInnen zu enttäuschen und die Kinder im Stich zu lassen. Dennoch sehe ich momentan keinen anderen Weg. Ich habe noch um die 5000 Euro Spenden auf dem Spendenkonto, diese werde ich dem Heim nach und nach zur Verfügung stellen, sodass ich die finanzielle Unterstützung so lang wie möglich aufrechterhalten kann. Außerdem will ich ausdrücklich betonen, dass dies ein vorläufiges Ende ist und ich größere Pläne in Bezug auf Verein/Organisation, Umstieg auf eine neue Marke und den kulturellen Austausch zwischen Tansania und Deutschland habe, die ich in Angriff nehmen werde, sobald ich mein Referendariat abgeschlossen habe und mich endlich offiziell als Grundschullehrerin bezeichnen kann. Das Kinder- und Waisenheim hat ein eigenes Konto. Das Geld, das darauf eingeht, wird von der Leiterin Sista Helena verwaltet, für die ich meine Hand in jeglicher Hinsicht ins Feuer legen würde und die eines meiner größten weiblichen Vorbilder ist. Wer also mal eine größere Spende loswerden möchte, kann dies auch gerne direkt auf dieses Konto tun (lohnt nur bei größeren Spenden oder Sammelspenden, da die Überweisung allein 30 Euro kostet). Weiterhin werde ich natürlich für Vorträge, Vorstellungen des Heims und der Entwicklungen der letzten 6 Jahre und Gespräche zur Verfügung stehen, soweit ich das mit der Lernerei für das Staatsexamen vereinbaren kann. Ich hoffe, ich konnte in den letzten Jahren meinen Dank und die Dankbarkeit der Schwestern und Kinder deutlich machen und euch zeigen, wieviel mir euer geschenktes Vertrauen bedeutet. So sehr es mir persönlich leid tut, so sehr hoffe ich auch auf euer Verständnis für die Entwicklungen und meine Entscheidung. Ich versuche mich momentan selbst davon zu überzeugen, dass ich gute Gründe habe und es die richtige Entscheidung ist. Noch bin ich nicht sehr erfolgreich und doch bin ich gespannt auf all die großen Veränderungen, die in meinem Leben bevorstehen. Eine letzte Sache, die ich loswerden möchte, ist eher allgemeiner Natur. All das, was wir die letzten Jahre für das Heim gemacht haben, war nur möglich, weil viele einzelne Personen sich dazu entschlossen haben, dass dort etwas ist, wofür es sich lohnt meine Beiträge zu teilen und das eigene Geld zu investieren. Ich bin sehr froh, dass es die letzten 6 Jahre für viele Menschen die Kinder in Tosamaganga waren, die es wert waren. Aber da ist noch viel mehr, für das es sich lohnt zu kämpfen, aufzustehen, sein Geld und seine Mühe zu investieren. Verschließt nicht die Augen vor den Problemen, informiert euch, setzt euch selbst ein oder unterstützt Menschen, die sich für etwas einsetzen. Es gibt unendlich viele kleine Vereine und Organisationen, bei denen sehr gut nachvollziehbar ist, wofür Spenden eingesetzt werden (unbedingt mal Globale Initiativenförderung e.V. und Bilenu : Bildung ist Leben - Elimu ni Uhai e.V. besuchen, beides Vereine von ehemaligen Freiwilligen aus Tansania, wovon ich einige persönlich kenne). Aber auch Organisationen wie Unicef und Brot für die Welt sind letztendlich Zusammenschlüsse von Menschen, die versuchen die Welt zu einem besseren Ort zu machen und das ist es, was wir brauchen. Wenn ich eines in den letzten 6 Jahren gelernt habe, dann dass es das größte Glück ist, die Möglichkeit zu haben, andere Menschen glücklich zu machen. Wir alle haben das Glück diese Möglichkeit zu haben, das haben wir bewiesen. Jetzt gilt es dies auch weiterhin zu tun!